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1956 Jubiläum [70 Jahre] - Festkommers am 02.06.1956 - ZeitungartikelViele Gäste und Brudervereine beim Festkommers im großen Saal des „Deutschen Hauses“
[Blick ins Binger Land, 05.06.1956]

-hdc- WEILER. Als wir am Samstagabend, kurz vor acht Uhr durch Weiler fuhren, waren die Straßen wie ausgestorben, denn wer nicht fern von seinem Heimatdorf weilte oder aus irgendeinem anderen Grund ans Haus gefesselt war, hatte sich zum Festsaal im „Deutschen Haus“ begeben, wo der MGV „Liederkranz“ 1886 sein 70. Stiftungsfest feierte und zusammen mit anderen Brudervereinen ein eindrucksvolles Bekenntnis zum deutschen Lied und zum Chorsingen ablegte.

 

Erwartungsvoll saßen die vielen Gäste, die der freundlichen Einladung gern gefolgt waren, bei einem guten Tropfen, beobachteten, wie die Mitglieder des Vorstandes und des Festausschusses die vielen Menschen im Saal, der in frischem Birkengrün prangte, unterbrachten, und lauschten den Klängen der anerkennenswert sauber spielenden und von Leiter Marbach straff geführten Kirchenmusik Rümmelsheim.

Dann trat Vorsitzender Kollay, ein netter, sympathischer junger Mann, ans Mikrophon, und der Festkommers, der einen guten Eindruck hinterließ und allen unbeschwerte Stunden bereitete, begann.

Herzliche Begrüßungsworte des Vorsitzenden galten allen, die den großen Saal bis auf den letzten Platz besetzt hatten, u.a. Amtsbürgermeister Römer und seine Gattin, Ortsbürgermeister Schneid, der Lehrerschaft von Weiler, dem Katholischen Kirchenchor von Weiler, dem MGV Waldalgesheim, dem MGV Dorsheim, dem Katholischen Kirchenchor Münster-Sarmsheim, dem MGV Münster-Sarmsheim, dem MGV Norheim, dem MGV Rümmelsheim und den Ortsvereinen aus Weiler.

Die Begrüßungsansprache wurde immer wieder durch Beifall der Besucher unterbrochen – ein Zeichen der Freude über den guten Besuch und eine Anerkennung für die Brudervereine, die der Bitte, den Festkommers mitzugestalten, bereitwillig Folge geleistet hatten.


Goldene Worte des Vorsitzenden

„Wie sind zusammengekommen“, erklärte Vorsitzender Kollay, „um ein Bekenntnis zum deutschen Lied abzulegen, um altes Kulturgut zu pflegen und den Weg zu herzlichster Brüderlichkeit zu bereiten.“ Die Begeisterung für das Lied, fuhr er fort, sei ein Phänomen der Musik und der Kultur.

„Begeistern auch wir uns für den sittlichen und vaterländischen Wert des Liedes, und begreifen wir den Unterschied zwischen Volk und Publikum – das Volk, das noch Seelisches mit Interesse empfindet, das Publikum, das für sein Geld etwas haben will. Machtvoll erklang nach dieser wohltuend knappen aber zum Nachdenken anregenden Eröffnungsansprache der Sängergruß auf, den der MGV Weiler unter Eduard Wichardt anstimmte und in den alle begeistert miteinstimmten.

Sinnvoll war der erste Chor gewählt: „Kling auf, mein Lied, entfalte deine Schwingen“, eine festlich getragene Komposition von Bernhard Weber mit der für diesen Tag bezeichnenden Mahnung: „Vergeßt den Groll, vergeßt den Streit!", ein Aufruf also, dieses Jubiläum in Kameradschaft und brüderlicher Verbundenheit zu begehen.


1956 Jubiläum [70 Jahre] - Festkommers am 02.06.1956 - Programm„Keine hochtrabenden Worte …„

Sehr fein wählte Amtsbürgermeister Römer seine Worte. Die kurze, knappe Ansprache, die nicht auf dem Programm vorgesehen war, umriß, treffend die Gedanken, die manchen bei diesem Fest bewegt haben mögen. „Wo man von Singen spricht und wo das Singen Herzenssache ist“, erklärte er, „bedarf es keiner hochtrabenden Worte. Hier gilt das einfache, schlichte Wort: einfach und schlicht wie der Gesang, der aus dem Herzen kommt. Gern spreche ich die Glückwünsche des Amtsbezirks Bingerbrück aus, weil die kunstliebende Weilerer Bevölkerung einen Gesangverein besitzt, der nicht singt, weil es zur Gewohnheit geworden ist, sondern aus Liebe und Begeisterung zum deutschen Lied. Das Können des MGV steht auf so hohem Niveau, daß es kaum verbessert werden kann.“

„Aus diesem Grunde möchte ich einen besonderen Wunsch aussprechen“, betonte Amtsbürgermeister Römer, „daß nämlich der Gesangverein geschlossen und einmütig zusammenhält für alle Zukunft Es gibt heutzutage in jedem Verein verschiedene Ansichten und Meinungen, die alle gut und schön sein mögen und ihre Berechtigung haben. Doch dürfen sie den Fortbestand eines Vereins nicht gefährden und seine Entwicklung nicht hemmen.“

Nur durch Einmütigkeit werde der Verein der Bedeutung des deutschen Liedes gerecht, das ein Band der Liebe um alle Menschen schlingen wolle, die es guten Willens und aufgeschlossen für das Gute und Schöne sind. Kämpfen und Ringen seien die Zeichen der Zeit. Wer aber singt, habe demgegenüber einen wohltuenden Ausgleich. „Lassen wir uns die Liebe zum Lied nie aus dem Herzen reißen“, schloß Römer, „und bewahren wir es als teures Geschenk, das uns der Herrgott gegeben hat.“


Diesen aufmunternden Worten folgte der erste Teil des Programms. Darbietungen des Katholischen Kirchenchors Weiler unter Willibald Stipp („Schwinge dich auf, mein Lied“ und „Der Schäfer putzte sich zum Tanz“), des MGV „Liederkranz“ Dorsheim unter Konzertmeister Jahn („Herrgott, schütze das deutsche Land“, Desch, und „Abschiedsgruß“, Silcher), des Katholischen Kirchenchors Münster-Sarmsheim unter Wichardt („Frisch auf, ihr Musikanten“, Jos. Haas, und „Frühling am Rhein“, Gellert), des MGV Waldlaubersheim unter Wilhelm Medebach („Das Naschen“, Mozart, und „Wohlauf in Gottes schöne Welt“, Rische) und der Kirchenmusik Rümmelsheim (Marsch „In die weite Welt“).


Gäste überbrachten Glückwünsche

Zwischendurch beglückwünschte Bürgermeister Hanss, Dorsheim, das Geburtstagskind zu dessen Ehrentag und schenkte ihm im Auftrag der Sänger aus Dorsheim den Chor „Wer da unten Holz macht“, eine ausgezeichnete Komposition des jungen, talentierten Münster-Sarmsheimer Theo Fischer.

Der Vorsitzende des Karnevalklubs 1956 Weiler, Habermann, überreichte einen Fahnennagel.

 

Fünf verdiente Sänger wurden ausgezeichnet

Nach der Pause wurde auch der 84-jährige Ehrenpräsident des MGV Norheim, Jakoby, der nach seinen eigenen Worten durch das deutsche Lied und den norheimer Wein so erstaublich jung geblieben ist, vom Vorsitzenden Kollay und der Festversammlung mit herzlichen Worten und ehrlichem Beifall willkommen geheißen. Kollay heftete fünf verdienten Sangesbrüdern für 25-jährige Mitgliedschaft die Ehrennadel an; Frank Reker, Phillip Massing, Johann Lautz, Hans Marquis und Heinrich Kemmerle. Herzlichen Glückwunsch auch im Namen der Leser des „Öffentlichen“!

Nach der Ouvertüre durch die Kirchenmusik Rümmelsheim („Die Himmel rühmen“, Beethoven) begann der zweite Teil des musikalischen Programms. Es sangen der MGV „Lyra“ Norheim unter Wichardt „Rheinische Art“ von Heinrichs und „Süß‘ Liebe liebt der Mai“ von Silcher, der MGV Münster-Sarmsheim (Chorleiter Wichardt) „Nächtliches Ständchen von Schubert und „Die lustigen Tage“ von Sendt, abschließende der MGV Rümmelsheim ebenfalls unter Wichardt, „Brüder laßt die Saiten klingen“ von Desch und „Muß i denn“ von Rein.

Abschließend faßte der Ehrenpräsident, Jakoby, Norheim, die Gedanken der Festversammlung zusammen, indem er erklärte: „Es ist sehr erfreulich, daß das wichtigste Kulturgut des deutschen Volkes, das Lied, so viele Freunde erworben hat. Wunderbar ist die Macht, die Gott in das deutsche Lied hineingelegt hat. Im Lied liegen Trost und Versöhnung“.

Nach dem offiziellen Teil blieb man noch lange zusammen, sang Lieder und trank köstlichen Wein.

Alle werden an diesen erhebenden Festkommers noch lange und dankbaren Herzens zurückdenken.

1956 Jubiläum [70 Jahre] - Festumzug

 Abbildung: Festumzug zum 70-jährigen Jubiläum im Jahre 1956

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