Am 28. September 1912 setzte der Verein neue Vereinsstatuten in Kraft. 17 Paragraphen enthielt die ursprüngliche, bis zu diesem Zeitpunkt angewendete Satzung von 1886.
Diese Gründungsstatuten hatten aber einen schwerwiegenden Fehler: sie waren im rechtlichen Sinne eigentlich gar nicht wirksam geworden. Das Gründungsprotokoll ist zwar vom Schriftführer unterzeichnet, es fehlt aber die Unterschrift des Vorsitzenden oder dessen Stellvertreters.
Aufgefallen ist dieser formelle Fehler damals offensichtlich niemandem, denn viele Jahrzehnte hat man sich nach der Satzung gerichtet. 1912 wurde er durch Inkraftsetzen der neuen Satzung, die in Form eines Statutenbuches veröffentlicht und gegen einen Betrag von 10 Pfennigen an die Mitglieder ausgegeben wurde, ohnehin korrigiert.
Vereinsstatuten von 1912 (991.26 kB)
Statuten des Männergesangvereins „Liederkranz“ zu Weiler bei Bingerbrück
Am 28. September 1912 wurde einstimmig beschlossen, folgende Statuten in Kraft treten zu lassen.
Allgemeines
§1
Der am 20. Mai 1886 von den Mitgliedern gegründete Gesangverein „Liederkranz“ bezweckt Pflege der Vaterlandsliebe, gesellige Unterhaltung durch Gesang und sonstige erlaubte Vergnügungen. Er hält seine Versammlungen und Gesangsproben in Weiler in dem von ihm jeweilig gewählten Lokale und bildet eine geschlossene Gesellschaft – Er besteht
- aus aktiven Mitgliedern, d.h. solche, die bei genügender Qualifikation, worüber der Dirigent entscheidet, sich bei Aufführung von Gesangstücken beteiligen
- aus inaktiven Mitgliedern, welche freien Zutritt zu den Gesangsproben, Versammlungen und Vergnügungen haben.
Außerdem haben dieselben an dem Vereinsvermögen dasselbe Recht wie die aktiven; bei Gesangsfragen haben dieselben kein Stimmrecht.Neuangemeldete Mitglieder werden in der Versammlung durch Stimmenmehrheit aufgenommen. Es wird bei aktiven Mitgliedern gerne gesehen, wenn dieselben zwei bis dreimal vor der Aufnahme die Proben besucht haben.
Mitgliedschaft
§2
Jeder Unbescholtene, welcher das 17. Lebensjahr bereits zurückgelegt hat, kann in den Verein aufgenommen werden. Sämtliche Mitglieder haben das Recht, Anmeldungen entgegen zu nehmen und die betreffende Anmeldung dem Vorstande vorzulegen. Bevor aber die Abstimmung erfolgt, muß der Betreffende eine Gesangsprobe besuchen; findet die Aufnahme statt, so wird das neue Mitglied vom Präsidenten mittels Handschlag verpflichtet und den übrigen Mitgliedern vorgestellt.
§3
Jedes Mitglied kann seinen Austritt aus dem Verein schriftlich bzw. mündlich erklären, außerdem kann ein Mitglied auf Antrag des Vorstandes oder der Stimmenmehrheit der Versammlung aus dem Verein ausgeschlossen werden
- wenn es mit den laufenden Beiträgen länger als drei Monate im Rückstand ist,
- unentschuldigt dreimal in Proben oder Versammlungen fehlt oder unbegründete Entschuldigungen hat,
- eine mit den Interessen des Vereins nicht vereinbarliche Handlungsweise begeht, z.B. durch unkameradschaftliches Betragen, durch ungebührliches Benehmen bei Festlichkeiten etc.
§4
Im Falle des Todes eines Mitglieds ist es ausgeschieden. Es werden ihm seitens der übrigen Mitglieder die letzten Ehren erwiesen und einige Lieder am Grabe gesungen. Fehlende Mitglieder bei einer solchen Beerdigung, zahlen, ohne eine genügende Entschuldigung für ihr Wegbleiben angeben zu können, eine Mark Ordnungsstrafe.
§5
Die nach §3 ausgeschiedenen Mitglieder haben keinerlei Anspruch mehr an die Gesellschaft oder deren Vereins-Vermögen und können erst nach 6 Monaten wieder zur Aufnahme angemeldet werden. Scheidet aber ein Mitglied dreimal aus dem Verein, so kann seine Aufnahme nicht mehr stattfinden,
Der Vorstand
§6
Der Vorstand besteht aus dem Vorsitzenden, dessen Stellvertreter, dem Schriftführer und dessen Stellvertreter, dem Kassierer, dem Festordner und zwei Beisitzern. Der Vorstand versieht seine Dienstfunktion unentgeldlich. Sämtliche Vorstandsmitglieder werden von der General-Versammlung auf ein Jahr gewählt und sind die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder wieder wählbar. Scheidet ein Vorstandsmitglied vor Ablauf des Jahres aus, so ist eine außerordentliche General-Versammlung einzuberufen und eine Ergänzungswahl vorzunehmen.Für die statutenmäßige Leitung des Vereins bleibt der Vorstand verantwortlich.
§7
Der Vorsitzende, welcher den Verein nach außen vertritt, leitet die Versammlungen nach parlamentarischen Regeln, ohne im Allgemeinen an ein strenges Festhalten der Formen gebunden zu sein. Er ist befugt, dem Sprechenden, wenn dessen Rede unangemessen erscheint, das Wort zu entziehen, und ist berechtigt, die Versammlung zu schließen, wenn die Verhandlungen einen solchen Charakter annehmen, daß sie zwecklos werden. Er wacht über die pünktliche Ausführung der statuarischen Bestimmungen.Der Vorsitzende erteilt dem Redner das Wort; ohne dasselbe erhalten zu haben, darf kein Mitglied sprechen.
§8
Der Schriftführer hat die Einladung im Auftrage des Vorstandes zu allen General-Versammlungen auszuführen, ebenso führt derselbe das Protokoll und versieht überhaupt die schriftlichen Sachen.Der Rechner erhebt die statuarischen Beiträge, zahlt die Anweisungen aus, legt in der ersten regelmäßigen General-Versammlung eines jeden Jahres Rechnung über das verflossene Jahr, Einnahme und Ausgabe. Derselbe haftet für die unter seinen Händen befindlichen Vereinsgelder. Die Beisitzer unterstützen und vertreten die anderen Vorstandsmitglieder.
Vereinswesen
§9
Sämtliche Mitglieder treten alljährlich im Monat Mai zu einer außerordentlichen allen General-Versammlung zusammen. Dieselbe muß bis zum 15. Mai jedes Jahr stattgefunden haben, wozu sämtliche Mitglieder mindestens 8 Tage vorher durch den Vereinsdiener, unter Angabe der Tagesordner, eingeladen werden. Die Versammlung ist, abgesehen von der Zahl der Mitglieder, stets beschlussfähig und faßt ihre Beschlüsse vermittelst Stimmzettel durch absolute Majorität. Sie nimmt den Bericht des Vorstandes über den Stand des Vereins, dessen Kassenwesen und Wirksamkeit im vergangenen Jahr entgegen, wählt den Vorstand für das kommende Jahr, entscheidet über etwaige Anträge zur Abänderung der Statuten. Sämtliche Beschlüsse werden in das Protokollbuch eingetragen. Diese Beschlüsse werden vom Vorsitzenden, dessen Stellvertreter und dem Schriftführer unterzeichnet.
§10
Die regelmäßigen Zusammenkünfte des Vereins, die zu Gesangsübungen und Versammlungen zu verwenden sind, werden nach Ort, Zeit und Zahl von dem Vorstande bestimmt.
§11
Es können Festlichkeiten mit Gesangsstücken und wenn angängig auch Tanzvergnügungen stattfinden. Die Anordnung zu diesen Festlichkeiten trifft der Vorstand nach den Beschlüssen einer vorhergegangenen General-Versammlung.
§12
Ein Mitglied, welches bei einer angesetzten Versammlung ohne Entschuldigung fehlt, wird mit einer Strafe von 25 Pfennigen belegt.Entschuldigungen zu einer angesetzten Versammlung müssen bei einem der Vorstandsmitglieder schriftlich oder mündlich gemeldet werden.
§13
Bei einer Gesangsprobe sind jede geistige Getränke, sowie Rauchen, lautes Sprechen oder Lachen, welches Störung verursacht, gänzlich untersagt und werden Zuwiederhandlungen mit Geldstrafen oder Ausweisungen geahndet.Der Anordnungen des Dirigenten, bezüglich des Verhaltens der Mitglieder bei den angesetzten Proben ist pünktlich Folge zu leistenIst die Probestunde resp. Versammlung zu Ende, so verbleibt jedes Mitglied auf seinem Platz, bis der Präsident resp. dessen Stellvertreter die Versammlung für aufgehoben erklärt.
§14
Ein jedes aktive Mitglied, welches ohne genügende Entschuldigung die angesetzte Probe versäumt, wird mit 20 Pfennig, resp. bei einem Zuspätekommen mit 10 Pfennig vom Vorstande bestraft.
§15
Meldet sich ein aktives Mitglied in böswilliger Absicht vom Singen ab, um als inaktives Mitglied dem Verein anzugehören, so entscheidet die Versammlung, ob das betr. Mitglied noch weiter dem Verein angehören darf oder nicht.
Verwaltung
§16
Das Vereinsvermögen setzt sich zusammen aus den monatlichen Beiträgen eines jeden Mitglieds von 30 Pfennig, aus den Ordnungsstrafen und den sonstigen Einnahmen. Dasselbe ist, soweit es die Verwaltung des Vereins nicht benötigt, zinsbar anzulegen, jedoch muß zu jeder Zeit ein Kassenbestand von 30 Mark vorhanden sein, die sich in Händen des Kassierers befinden.
§17
Bei Kranksein oder Arbeitsunfähigkeit von länger als einem Monat eines Mitgliedes verbleiben ihm die Vereinsrechte für die Zeit seiner Verhinderung ohne Zahlung der Beiträge als Mitglied. Der betreffende Nachweis muss geliefert werden.
§18
Der Vorstand hat, ohne Genehmigung eine Versammlung über eine Barsumme von 15 Mark zu verfügen und zwar nur zu Vereinszwecken; derselbe hat über die Verwendung dem Vereine Bericht zu erstatten. Sollten irgendwie Mehrausgaben entstehen, so sind dieselben einer General-Versammlung zur Genehmigung vorzulegen.
§19
Über sämtliches Vereins-Vermögen hat der Vorstand ein doppeltes Inventar zu führen. Ein Exemplar bleibt im Vereinslokal und das andere in den Händen des Vorstandes.
§20
Sollte die Zahl der Mitglieder des Vereins soweit herabsinken, daß nur mehr 8 vorhanden sind, so gehört sämtliches Vereinsgut denselben nach Verlauf von drei Monaten.
§21
Der Verein behält sich vor, gegenwärtige Statuten abzuändern und Zusatzparagraphen zu machen.
§22
Vorstehende, im September 1912 revidierte Statuten, werden nach Genehmigung der General-Versammlung gedruckt und in Heftform einem jeden Mitgliede gegen Entrichtung von 10 Pfg. zugestellt. Sollte ein Mitglied aus dem Verein ausscheiden, so hat er das Statutenbuch dem Verein zurückzuerstatten, wofür ihm 10 Pfg. vergütet werden.
§23
Gegenwärtige Statuten treten mit dem heutigen Tage in Kraft und ist sinngemäß zu verfahren.
Weiler bei Bingerbrück, 28. September 1912
Der Vorstand